Die Klo-Bucht hinterm HBF Frankfurt – Waschtag für die Verlorenen
Frankfurt Hauptbahnhof – für die einen Tor zur Welt, für die anderen Endstation. Und wer hintenrum geht, nicht durch die Glastüren mit Starbucks und Businesskaspern, sondern durch den Müll, an den Gleisen entlang, der findet sie: die Klo-Bucht.
Keine Tür, nur ein verwitterter Sichtschutz aus Beton und Graffiti. Der Geruch? Eine Mischung aus Urin, ranziger Seife und Verzweiflung. Willkommen im inoffiziellen Waschsalon der Obdachlosenelite.
Das Becken der Reinigung
In der Ecke steht ein rostiger Wasserhahn, direkt über dem Gully. Manchmal läuft er. Manchmal nicht. Wenn er läuft, ist Waschtag. Da siehst du sie alle: alte Hasen, Neulinge, Junkies, Gestrandete. Alle mit Zahnbürste, Seifenstück oder einfach nur nem dreckigen T-Shirt in der Hand.
Manche nackt bis auf die Unterhose, andere nur die Füße im Wasserstrahl. Kein Schamgefühl, kein Smalltalk – hier wird sauber gemacht, was die Gesellschaft längst abgeschrieben hat.
Rasieren mit Plastikklinge
Wer Glück hat, hat ne frische Einwegrasur dabei. Wer Pech hat, nimmt nen alten. Und wer ganz unten ist, zieht mit nem stumpfen Taschenmesser über die Wange. Blut gehört dazu. Genau wie die uralten Handtücher, die über den Müllcontainern zum Trocknen hängen.
Da wird rasiert, gekämmt, gepinkelt, gespült. Manchmal alles gleichzeitig. Ein Friseursalon ohne Spiegel, nur mit der Reflexion der eigenen Würdelosigkeit im Wasserpfützenspiegel.
Wachhunde und Revierdenken
Die Bucht gehört nicht jedem. Da ist Manni, der das Revier „verwaltert“. Wer ohne zu fragen einfach reinplatzt, kann was auf die Fresse kriegen. Hier zählt Respekt – und Seife. Bringst du was zum Teilen mit, bist du willkommen. Nimmst du, ohne zu geben, bist du raus. So einfach ist das Gesetz der Klo-Bucht.
Die Geschichten im Abfluss
Du willst hören, warum Leute hier waschen, statt im Sozialhotel zu duschen? Frag. Du kriegst Geschichten über verlorene Jobs, gebrochene Herzen, Knast, Alkohol, Tod. Und manchmal: Nichts. Nur ein Blick. Einer, der mehr sagt als jedes Bewerbungsgespräch.
Da steht dann einer mit Schaum im Gesicht, der mal Mathelehrer war. Oder die Frau mit dem rosa Badeanzug – früher mal Zahnarzthelferin, jetzt Expertin für kaltes Wasser und Würde unter Null.
Fazit
Die Klo-Bucht hinterm Frankfurter Hauptbahnhof ist kein Ort, den man sucht. Sie findet dich. Wenn du runter bist. Wenn du alles verloren hast außer deinem eigenen Geruch.
Aber sie ist auch ein Ort der letzten Ordnung. Ein Tempel der Sauberkeit im Dreck. Und wer da durch ist, weiß: Wenn du dich hier noch wäschst, bist du nicht ganz verloren.
So läuft das halt.