Warum der Irre Iwan immer barfuß war – Sommer wie Winter
Es gibt so Typen auf der Straße, da fragst du dich: Lebt der noch – oder ist das schon was Übernatürliches? Und dann kommt Iwan. Der Irre. Barfuß. Seit Jahren keine Socken gesehen, seit Jahrzehnten keine Schuhe – egal ob 35 Grad auf’m Asphalt oder Eisschollen in der Gosse.
Man sagt, Iwan sei aus Sibirien. Oder aus Wuppertal. Keiner weiß es genau, und wer ihn fragt, kriegt bloß ein Grinsen, das sich anfühlt wie Zahnschmerzen. Er spricht wenig, aber wenn er redet, dann wie aus’m alten Testament, nur mit mehr Fluchwörtern.
„Schuhe? Die fressen Seele. Nur Erde heilt.“
Klingt nach Eso-Scheiße? Mag sein. Aber der Typ ist unzerstörbar.
Ich hab ihn mal gesehen, wie er mitten im Schneematsch durch den Bahnhofspark gelatscht ist, barfuß, mit ’ner Plastiktüte voll Brotkrusten und zwei Tauben auf der Schulter. Und keiner hat gelacht. Nicht mal die Junkies. Weil Iwan dieses Ding ausstrahlt: Er ist mehr Straße als du. Er ist die Straße.
Die Füße?
Verhornte Waffen. Dunkel, rissig, fast schon fossil. Die Zehen sahen aus, als hätten sie Vietnam überlebt. Es gab Gerüchte, dass er Nägel mit den Hacken eintreten konnte. Und einer behauptete mal, Iwan habe sich mit dem Fuß ’ne Kippe ausgetreten – auf’m Rücken liegend, ohne Hände.
Warum barfuß?
Drei Theorien kursieren:
- Psychischer Komplettschaden.
Iwan sei mal in der Psychiatrie gewesen, und die hätten ihm Schuhe als Zwangsmittel gegeben. Seitdem: nie wieder. - Widerstandstraining.
Er will spüren, wo er lebt. Kein Gummi zwischen ihm und der Realität. Schmerzen machen wach, hat er mal gesagt. Und das war kein Spruch – das war ’ne Weltanschauung. - Magie.
Manche meinen, seine Füße seien verflucht – dass er stirbt, sobald er was anzieht. Dass er auf der Flucht ist, nicht vor Menschen, sondern vor Dämonen.
Und seine Sohlen – das letzte Siegel.
Und dann gab’s diese Geschichte…
…mit dem Security-Dödel vom Supermarkt. Iwan wollte bloß an den Container. Der Bulle meinte: „Hau ab, stinkst und hast keine Schuhe, du Penner.“ Iwan bleibt stehen, guckt runter, hebt langsam den rechten Fuß – und setzt den dem Typen auf die Brust. Kein Schlag. Nur der Fuß. Direkt auf den Herzbereich.
Der Security hat zwei Wochen später gekündigt und arbeitet jetzt im Yoga-Studio.
Kein Witz.
Fazit?
Der Irre Iwan ist kein Obdachloser. Er ist ein Wanderheiliger mit Hornhaut. Einer, der uns daran erinnert, dass Schuhe manchmal mehr trennen als schützen. Dass Freiheit was mit Berührung zu tun hat – auch wenn’s mit den Füßen ist.
Also denk dran, wenn du das nächste Mal in deine Sneaker schlüpfst:
Da draußen gibt’s einen, der barfuß mehr Straße fühlt als du je mit Air Max.