Es gibt Figuren, die gehören so fest zur Straße wie Tauben zum Bahnhof. Der Schrott-Peter ist so einer. Ein Mann, dessen Markenzeichen nicht ’ne Jacke oder ’ne Frisur war, sondern sein ständiger Begleiter: ein klappriger, rostiger Einkaufswagen. Wer ihn ohne Wagen gesehen haben will, lügt – oder war so besoffen, dass er Laternen mit Polizisten verwechselt hat.
Der Mann mit dem rollenden Zuhause
Peters Wagen war nicht nur Schrottkiste. Das Ding war Wohnzimmer, Lager, Tresor und manchmal sogar Bett. Alte Batterien, Kabelreste, zerbeulte Pfanddosen – alles hatte seinen Platz. Manche sagen, der Wagen war mehr wert als er selbst. Er hat ihn mit Kabelbindern zusammengeflickt, mit Panzertape stabilisiert, und wenn ein Rad blockierte, hat er’s einfach mit Speiseöl aus’m Container geschmiert.
Das Geräusch von Peters rollendem Wagen war sein Soundtrack. Quietschen, Rattern, Klappern – schon aus zwei Straßen weiter wusstest du: „Da kommt der Schrott-Peter.“ Manche Kids sind ihm hinterhergerannt, um zu glotzen, andere haben einen Bogen gemacht, weil der Wagen aussah, als wär er gleich ne fahrende Bombe.
Mythos vom Sammelkönig
Es gibt zwei Geschichten, warum Peter nie ohne Einkaufswagen unterwegs war.
- Die offizielle Pennerlogik: Ohne Wagen kein Schrott, ohne Schrott kein Geld. Der Wagen war sein Job, sein Büro, sein ganzes Businessmodell.
- Die Unterwelt-Version: Peter hatte mal richtig Asche gemacht – angeblich mehrere tausend Euro – nur mit Schrott. Irgendwann glaubte er, der Wagen sei sein Glücksbringer. Also ließ er ihn nie wieder los, selbst wenn er leer war.
Einige schwören, er habe nachts sogar den Wagen neben sich angekettet, als wär’s ein Hund. „Wenn du mir den klaust, ist das Mord“, soll er mal gebrüllt haben.
Der Wagen als Statussymbol
Auf der Straße zeigt dein Wagen, wer du bist. Ein Lidl-Karren? Anfänger. Ein Edeka-Teil mit großen Rädern? Profi. Ein uralter, verrosteter, aber trotzdem noch fahrbarer Wagen wie bei Peter? Das ist wie ein Mercedes mit H-Kennzeichen. Alteingesessene erkennen sowas sofort. Und Peter hatte den „Oldtimer“ unter den Einkaufswagen.
Andere Penner haben versucht, ihm den Wagen abzuluchsen, aber keiner kam durch. Peter war ein knorriger Hund, immer mit einem alten Schraubenschlüssel bewaffnet, den er wie ein Samurai gezogen hat, wenn einer zu nah kam. Niemand wollte’s drauf anlegen.
Die Legende stirbt mit dem Wagen
Irgendwann, so erzählt man, wurde Peters Wagen von den Bullen eingesackt, weil er angeblich den Gehweg blockiert hat. Zwei Tage später war Peter verschwunden. Manche sagen, er sei im Knast gelandet, andere meinen, er hätte sich ohne seinen Wagen einfach aufgegeben. Wieder andere behaupten, er ist in einer anderen Stadt aufgetaucht – natürlich mit einem neuen Wagen, noch größer und klappriger.
Lektion für die Straße
Der Schrott-Peter hat gezeigt, wie wichtig ein Stück Metall mit vier Rädern sein kann. Einkaufswagen sind für Obdachlose keine Wegwerfware, sondern Lebensadern. Alles, was du hast, passt rein. Und wenn du das Ding so behandelst, als wär’s deine Haut, überlebst du länger.
Fazit:
Der Schrott-Peter war nicht verrückt, sondern konsequent. Er hat verstanden: In einer Welt, wo dir alles genommen werden kann, brauchst du etwas, das du verteidigst, bis zum Schluss. Sein Einkaufswagen war mehr als Schrottsammler-Werkzeug – er war sein Lebenssymbol.