Manni – Der Verwalter der Klo-Bucht
Wenn die Dunkelheit sich über den Frankfurter Hauptbahnhof legt, wenn die letzten Pendler weg sind und nur noch die Flaschen klirren, dann kommt seine Stunde: Manni. Der inoffizielle Herrscher über die Klo-Bucht. Nicht gewählt, nicht gewollt – aber gebraucht.
Er trägt ne alte Bundeswehrjacke, die mehr Löcher als Knöpfe hat, und Schuhe, die einmal Sicherheitsschuhe waren, bevor der Regen und der Alltag ihnen die Seele raussog. Manni ist keiner zum Spaßhaben. Aber wenn du ihn brauchst, ist er da.
Der Mann mit dem Schlüssel, der keiner ist
Es gibt keinen echten Schlüssel zur Klo-Bucht, aber wenn es einen gäbe – Manni hätte ihn. Er ist immer der Erste da und der Letzte, der geht. Nicht weil er muss, sondern weil’s keiner sonst macht. Er kennt jede Ritze im Beton, weiß, wann das Wasser läuft, wo man was verstecken kann, wer neu ist, wer gefährlich, wer einfach nur kaputt.
Und vor allem: Er sorgt für Ordnung. Nicht die mit Uniform, sondern die mit Augen und Faust.
Regeln vom Manni
Wer die Bucht betritt, macht sich nackig – nicht körperlich, sondern menschlich. Kein Getue, kein Lamentieren, keine Tricks. Wer sich danebenbenimmt, fliegt. Meist mit einem kleinen Wort, manchmal mit einem großen Schlag. Denn Manni ist kein Sozialarbeiter – er ist ein Straßenrichter.
Trotzdem hilft er. Hast du nix zum Waschen? Er gibt dir Seife. Bist du krank? Er holt dir Tee ausm Automaten, den er mit nem alten Schraubenzieher knackt. Willst du pennen? Er sichert die Ecke, damit dir keiner nachts ans Portemonnaie – falls du noch eins hast.
Kein Retter – ein Realist
Fragst du ihn, warum er das macht, sagt er nur: „Wenn ich’s nicht mach, macht’s keiner. Und dann ist hier bald wie im Dschungel. Und Dschungel frisst dich, wenn du schwach bist.“
Manni glaubt nicht an Gott, nicht an die Politik, nicht an den Sozialstaat. Er glaubt an das, was du tragen kannst – im Beutel, im Kopf, im Herz.
Und vielleicht glaubt er auch ein bisschen an dich. Wenn du dich benimmst.
Die Legende lebt
Manche sagen, Manni war mal bei der Bahn, andere meinen, der kam aus dem Knast direkt auf die Straße. Wieder andere glauben, er war nie irgendwo – nur immer hier. Eine Konstante in einem Leben voller Abriss. Eine Art Buddha der Gosse.
Mit Bier statt Erleuchtung.
Mit Faust statt Lehre.
Fazit
Manni ist kein Held. Er ist keine Figur für Sozialprojekte. Aber ohne ihn wär die Bucht ein Schlachtfeld. Er ist das, was du wirst, wenn du alles verloren hast – und trotzdem noch was bewahrst: Ordnung. Würde. Und nen rostigen Wasserkocher.
Wenn du ihm begegnest: Sei ehrlich. Sei leise. Und danke ihm. Auch wenn er’s nie hören will.